Tafel erinnert an Deportierte
Von Winfried Scholz
Lützel. Am Aufgang zu den Gleisen eins und zwei des Lützeler Bahnhofs erinnert nun eine große Tafel daran, dass von hier aus in den Jahren 1942 und 1943 insgesamt 870 Juden aus Koblenz in die Vernichtungslager der Nazis verschleppt wurden. Fast alle wurden ermordet. Die Tafel gehört zusammen mit der Laufschrift am Hauptbahnhof, die im vergangenen November eröffnet worden war, zum Gedenkprojekt „Menetekel“.
In einer Gedenkfeier zum Beginn der Woche der Brüderlichkeit, an der knapp 100 Menschen teilnahmen, wurde die Tafel öffentlich übergeben. Hans-Werner Schlenzig von der christlich-jüdischen Gesellschaft begrüßte die stellvertretende Vorsitzende der jüdischen Kultusgemeinde Inna Belzmann sowie den katholischen Stadtpfarrer Stephan Wolff, den evangelischen Superintendenten Rolf Stahl und Imam Serbest Bilgim von der türkisch-mulimischen Gemeinde.
Der Lützeler evangelische Pfarrer Wolfgang Hüllstrung betonte, die hebräische Bibel, der Tanakh, sei für Juden und Christen das große Archiv des gemeinsamen Gedächtnisses. Sie bilde die Grundlage für das Verarbeiten und Deuten des Vergangenen, auch des Massenmordes an den Juden. Hüllstrung erinnerte, dass von Lützel aus insgesamt 936 Juden aus Koblenz und der Region deportiert wurden.
Hinzu kamen Sinti und Roma, Kommunisten, Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Christen, Homosexuelle und andere Opfergruppen. Für die Reichsbahn waren es Transporte zum Zweck der Evakuierung oder der Abwanderung. Ab 400 Personen gab es Gruppenrabatt: zwei Pfennig pro Person und Kilometer. Was sich hinter diesem zynischen bürokratisch geregelten Vorgang verbarg, schilderte Hüllstrung ergreifend beim Lesen aus den Erinnerungen von Heinz Kahn, dem kürzlich verstorbenen Vorsitzenden der Koblenzer jüdischen Kultusgemeinde. Gebete sprachen Kantor Joseph Pasternak und Pater Alban Rüttenauer.
RZ Koblenz und Region vom Montag, 10. März 2014, Seite 11
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